Am Sonntag, 25. Februar 2024, besuchte uns eine fünfköpfige Delegation aus Japan zum PFAS-Erfahrungsaustausch. Die Initiative dazu kam von Dr. Roland Weber, der in seiner Funktion als Umweltberater bei verschiedenen UN-Organisationen die Delegation leitet. Bei der Planung des Programms zum Thema PFAS-kontaminierte Gebiete, insbesondere auf militärischen Einrichtungen in Deutschland und Schweden, war er auf uns gestoßen. Für die japanischen Gäste war Manching deshalb so interessant, weil auch in Japan Grundwasserschäden durch Militäraltlasten ein großes Thema sind. Im Gegensatz zum Militärflugplatz Manching, der durch die Errichtung der Abstromsicherung eine Vorreiterrolle in Sachen Sanierung in Deutschland einnimmt, finden in Japan bislang keinerlei Sanierungen statt.
Die beiden Vorsitzenden der IG NO PFAS, Gudrun Lemle und Doris Schmidt, begrüßten die Gäste und stellten die weiteren Teilnehmer wie Landrat Albert Gürtner, Frau Katharina Baschab (Juristin beim LRA PAF), Manchings Bürgermeister Herbert Nerb sowie die IG NO PFAS und deren Zielsetzung vor.
Dr. Weber bedankte sich für unsere Gastfreundschaft. Neben Ausführungen zu seiner Person gab er auch einen Überblick über sein Aufgabengebiet als Umweltberater.und machte Angaben zu seiner Person. Er forscht seit 30 Jahren zu persistenten Umweltschadstoffen (Persistent Organic Pollutants, POPs) und deren Reduktion. Zudem berät er primär UN Organisationen und Umweltministerien im Rahmen der Stockholmer Konvention (Stockholm Convention on Persistant Organic Pollutants), die in 182 Ländern umgesetzt wird. Mit der Forschung verbunden, hat Dr. Weber 2007 zusammen mit dem BUND und der Uni Bonn den ersten großen PFAS-Fall in Deutschland (Möhne/Ruhr) international bekannt gemacht.
Danach stellte Dr. Weber die hochkarätige japanische Besuchergruppe vor: Herr Masayoshi Soejima (Japanisches Umweltministerium; stellvertretender Direktor für Politik und Koordinierung), Professor Yoshihiko Matsui (Hokkaido Universität, Sapporo; Präsident der Japanischen Gesellschaft für Wasserumwelt, verantwortlich für Entwicklung des Trinkwasserstandards für PFAS), Dr. Nobuyoshi Yamashita (Leitender Forschungswissenschaftler; National Institute of Advanced Industrial Science and Technology AIST; Leiter Japan PFAS-Working-Group und Mitglied der ISO für PFAS Standards), Dr. Sachi Taniyasu (Gruppenleiterin; National Institute of Advanced Industrial Science and Technology AIST; Mitglied der ISO für PFAS Standards) sowie Herr Takeshi Eriguchi; Manager, AGC Co. (Glass/Organofluorine Industry).
Mit großem Interesse folgten wir der Präsentation durch Herrn Soejima vom japanischen Umweltministerium, der beeindruckend die japanische PFAS-Problematik (Tokio/Osaka/Okinawa) darlegte. Er zeigte den Konflikt auf, der sich aus Trinkwasser- und Grundwasserbelastung hinsichtlich Kultur und religiösen Bräuchen ergibt. So werden noch heute Babys mit Wasser aus PFAS-kontaminierten heiligen Quellen getauft.
Wir erfuhren ferner, dass Dr. Yamashita und Dr. Taniyasu dem Team angehörten, welches erstmals PFAS-Messungen in den Weltmeeren vorgenommen hat. Im Gegensatz zu unseren 16 Behörden sind in Japan 6 Ministerien bei Umweltverschmutzungen beteiligt. Auch in Japan tut man sich schwer mit der Umstellung auf fluorfreie Alternativen oder mit der Erstellung eines PFAS-Zeitplans für den Ausstieg.
PFAS-Monitoring hingegen wird in ganz Japan durchgeführt. Ein großes Problem stellt die zunehmende Wasserknappheit für sauberes Trinkwasser dar. Hier wird es regional schwierig, die PFAS-Werte unter 50 ng/Liter zu halten. Dieser Wert ist hinsichtlich der direkten Aufnahme beim Trinken und über das Kochen mehr als kritisch anzusehen.
Von Landrat Gürtner wollten die Besucher erfahren, wie die Zusammenarbeit mit der Bundeswehr und den weiteren beteiligten 16 Behörden bei der PFAS-Bekämpfung funktioniert. Fragen zur Feststellung des Schadens, zum Verursacher, zur Dokumentation der einzelnen Schritte bis hin zum Beginn der Sanierung in Manching wurden umfassend von Frau Baschab beantwortet. Das Vorgetragene zum Verfahren mit all den positiven, aber auch negativen Erfahrungen, vor allem in Bezug auf den zeitlichen Aspekt, wurde mit großer Überraschung aufgenommen. Hier wurden große Unterschiede zur Handlungsfähigkeit bei den beteiligten japanischen Behörden festgestellt. Herr Bürgermeister Nerb konzentrierte sich in seinem Vortrag auf die Klage des Markt Manching gegen die BRD. Der Streitwert wurde bei Klageerhebung auf 10 Millionen Euro festgesetzt, wofür ein Gerichtskostenvorschuss von 100.000 Euro verauslagt werden musste. Zusätzlich kommen Kosten für weitere vom Gericht angeordnete Probenahmen und Gutachten auf den Markt Manching zu. Seit 2020 wurde kein neuer Verhandlungstermin anberaumt.
Abschließend wurde Dr. Weber von Bürgermeister Nerb mit einer Chronik von Manching und die weit angereisten Gäste von der IG mit je einem Barthelmarkt-Maßkrug überrascht.
Für die Delegation, die vor dem Termin in Westenhausen Schweden besuchte, ging die Reise am Abend weiter nach Augsburg, wo am Montag ein Termin beim Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) zum Thema PFAS kontaminierte Gebiete Bayern einschl. Gendorf stattfand. Das straffe Programm wird fortgesetzt beim Umweltministerium in Bonn (PFAS Deutschland) und führt anschließend zur PFAS Sanierung am Flughafen Düsseldorf. Webinare zu Militäraltlasten komplettieren das Repertoire.
Nach dem dreieinhalbstündigen Austausch bleibt die bittere Erkenntnis, dass sich PFAS zu einem globalen Umweltmonster entwickelt hat, welches die Menschheit noch viele Jahrzehnte beschäftigen wird. Die positive Kommunikation hat aber auch gezeigt, wie wichtig Vernetzung und ein gegenseitiger offener Austausch sind.