Jahrzehntelang setzte die Bundeswehr am Flugplatz Manching PFC-haltigen Löschschaum ein. Dies geschah teils zur Bekämpfung weniger Ernstfälle, aber auch mindestens einmal im Monat mit je 700 Litern zu Übungszwecken und früher bei Schau-Vorführungen für die Öffentlichkeit am Tag der offenen Tür. Per- und Polyfluorierte Chemikalien (PFC) machten durch ihre hervorragenden Eigenschaften die AFFF-Schäume (Aqueous Film Forming Foam / übersetzt wasserfilmbildendes Schaummittel) zum Segen für die Feuerwehren weltweit. Diese Löschmittel für die Gefahrgutklasse B sind in der Lage über brennenden Flüssigkeiten wie Benzin oder Kerosin einen Film auszubreiten, der die Sauerstoffaufnahme minimiert, den Brand erstickt und eine weitere Ausgasung des Brennstoffes verhindert, wodurch eine anschließende Wiederentzündung unterbunden werden kann.
Der Einsatz von PFOS-haltigen Feuerlöschschäumen ist gemäß EU-Richtlinie 2006/122/EG seit dem 27.06.2008 nicht mehr gestattet. Davon ausgenommen waren Schäume, die vor dem 27.12.2006 in den Verkehr gebracht wurden; diese waren noch bis zum 27.06.2011 erlaubt. Seitdem ist PFOS in Löschmitteln verboten. Obwohl Schaumrezepturen auch noch andere PFC beinhalten, hält sich hartnäckig der weitverbreitete Irrtum, dass diverse Löschschäume heutzutage PFC-frei sind.
Jetzt rückt der 4. Juli 2020 näher und damit ein weiteres wichtiges Datum im Kampf gegen PFC. Es setzt die Aufnahme von Perfluoroctansäure (PFOA) in der REACH-Verordnung gemäß EU-Verordnung 2017/1000 vom 13. Juni 2017 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe um, wodurch die für unsere PFC-Kontamination ursächlichen Schaumlöschmittelkonzentrate mit dem Stoff PFOA neuen Beschränkungen und Verboten unterliegen. So darf nach dem 4. Juli 2020 PFOA als Bestandteil eines anderen Stoffes, als Gemisch oder Erzeugnis in einer Konzentration und ihrer Salze, die = oder > 25 ppb ist, oder einer Konzentration = oder > 1 000 ppb (Erklärung: 1 ppb = 1 μg/kg) für eine PFOA-Vorläuferverbindung oder eine Kombination von PFOA-Vorläuferverbindungen weder hergestellt noch in den Verkehr gebracht werden. Diese Verordnung gilt nicht für konzentrierte Feuerlöschschaumgemische, welche VOR dem 4. Juli 2020 in den Verkehr gebracht wurden und in der Herstellung von anderen Feuerlöschschaumgemischen verwendet werden oder verwendet werden sollen.
Heute wissen wir, dass die künstlich hergestellte Chemikalie, die aufgrund ihrer hervorragenden wasser-, fett- und schmutzabweisenden Eigenschaften einen Siegeszug rund um den Globus angetreten hatte, zu einer globalen Gift-Quelle für unser Grund-, Oberflächen- und Trinkwasser geworden ist. Überall auf der Welt, selbst bis in die entlegensten Winkel dieser Erde, ist PFC im Wasser, im Erdreich, in Tieren und Pflanzen nachweisbar. Auch beim Menschen wurde PFC nicht nur im Blut und der Muttermilch gefunden, sondern hat man erkannt, dass sich PFC in Organen wie Gehirn, Lunge, Leber, Magen und Knochen anreichert. PFC steht im Verdacht für eine Anzahl von Gesundheitsproblemen verantwortlich zu sein, darunter hormonelle Veränderungen, Herabsetzung der Impfreaktion, verminderte Fruchtbarkeit, geschwächtes Immunsystem, Diabetes, geringes Geburtsgewicht, Herabsetzung der Spermaqualität, erhöhtes Krebsrisiko, uvm. Studien bei Feuerwehrleuten zeigen einen erhöhten Anteil dieser Chemikalie im Blut und bei ihren weiblichen Kollegen eine steigende Tendenz zu Brustkrebserkrankungen. Untersuchungen von PFC ausgehenden Gefahren für Leib und Leben stecken trotzdem noch in den Kinderschuhen. Während Millionengelder in Sanierungsmaßnahmen gesteckt werden müssen, ersetzen geschäftstüchtige Firmen die verbotenen Substanzen längst durch neue, vermutlich nicht minder giftige. Hier existiert eine riesige Grauzone darüber, in welchen unzähligen Produkten PFC verwendet wird. Einzelne Inhaltsstoffe, besonders wenn sie bestimmte Werte nicht überschreiten, müssen nach wie vor nicht deklariert werden und behindern durch diese Intransparenz verantwortungslos den Verbraucherschutz.
Heute bevorzugen viele Hersteller von Löschschäumen kürzerkettige Fluorverbindungen. Doch diese C6- Verbindungen haben sich ebenfalls als extrem schwer abbaubar und zudem mobiler erwiesen. Alle polyfluorierten Verbindungen können mikrobiell transformiert (teilabgebaut) werden, wodurch Perfluorcarbon- und -sulfonsäuren als stabiles Endprodukt entstehen. Die Vorläuferverbindungen bezeichnet man als Precursor.
Anwender von AFFF Löschmitteln erheben häufig den Einwand, dass es bislang in der Luftfahrt, bei der Bundeswehr und bei Raffinerien aufgrund der hervorragenden filmbildenden Eigenschaften keinen gleichwertigen Ersatz für die Fluortenside gibt. Dieser Aussage widersprechen mittlerweile große internationale Flughäfen wie London Heathrow oder Paris-Charles de Gaulle, indem sie bereits heute erfolgreich PFC-freien Löschschaum einsetzen.
Zum Wohle unserer Umwelt und Gesundheit ist es dringend notwendig „alte Zöpfe abzuschneiden“. Neben einem sorgsamen, verhältnismäßigen und umweltgerechten Einsatz von Löschmitteln gehört dazu auch die zeitnahe Sanierung bereits festgestellter Kontaminationsherde. Es muss verhindert werden, dass über Monate, Jahre oder gar Jahrzehnte hinweg die toxische Fracht über die Luft, das Grund- und Oberflächenwasser, unsere Kläranlagen und Bodenaushub in alle Himmelsrichtungen weitergetragen wird.
Wollen wir der Verdammnis, bis in alle Ewigkeit diesen sogenannten „für immer Chemikalien“ ausgeliefert zu sein, entkommen, gibt es nur eine Lösung: J E T Z T HANDELN!